Die HMAV Bounty
Alles über die Bounty und die Weltberühmte
Meuterei erfahren Sie hier.
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Bounty
Schiffsdaten
Flagge
Grosbritannien
andere Schiffsnamen
Bethia (bis 1787)
Schiffstyp
Collier
Bauwerft
Kingston upon Hull
Stapellauf
1784
Verbleib
Am 23. Januar 1790 verbrannt
Die Bounty war ein dreimastiges Segelschiff der britischen
Admiralität, das 1787 unter FÜhrung von Lieutenant (Leutnant)
William Bligh zu einer Reise in die Südsee aufbrach, um
Stecklinge des Brotfruchtbaums von Tahiti zu den Antillen zu
bringen. Auf der Rückreise kam es zur berÜhmten Meuterei auf
der Bounty, die seither immer wieder Gegenstand von Romanen,
Filmen, Theaterstücken und Sachbüchern geworden ist.
Vorgeschichte
Wegen des amerikanischen Unabhängigkeitskriegs waren die
früher regelmässigen und preisgÜnstigen Getreidelieferungen aus
den nordamerikanischen Kolonien Englands in die Karibik
ausgefallen. Danach gab es dort mehrere Hungersnöte, denen
zwischen 1780 und 1787 etwa 15.000 Menschen zum Opfer
fielen. Insbesondere die Besitzer der grossen Zuckerrohrplantagen
auf Jamaika verlangten deshalb nach einem ständig verfÜgbaren
und preiswerten Grundnahrungsmittel für ihre Sklaven.
Joseph Banks, der Präsident der Royal Society, der Königlichen
Gesellschaft zur Förderung wissenschaftlicher Forschung,
empfahl hierfür die der Süsskartoffel ähnlich schmeckende,
vitaminreiche Brotfrucht. Einmal gepflanzt kämen die Bäume fast
ohne Pflege aus und könnten das ganze Jahr Über beerntet
werden. Banks hatte sich für die in Europa vorher wenig bekannte
Frucht auf James Cooks erster Weltumsegelung begeistert.
Statt die Beschaffung und überführung der Stecklinge selbst
durchzufÜhren, erwirkten die Gro¿grundbesitzer die Finanzierung
des Projekts durch die Krone, wobei sie von Banks unterstÜtzt
wurden: Am 5. Mai 1787 erlie¿ König Georg III. eine
entsprechende Order an die Admiralität. Diese versuchte ihren
ersten kommerziellen Auftrag, der weder militärischen noch
Forschungszwecken diente, zu möglichst niedrigen Kosten zu
erfüllen.
Das Schiff
Herkunft und Name
Aus Zeitgründen und weil für nichtmilitärische Fahrten Stauraum
wichtiger war als Feuerkraft, erwarb die Admiralität den zivilen
Kohletransporter Bethia. Auch James Cook hatte fÜr seine
SÜdseereisen ähnliche Schiffe genutzt, die jedoch deutlich grö¿er
waren.
Die geringe Grösse des Schiffs sollte sich später als problematisch
erweisen, da durch die Enge auf dem Schiff mit Über 40 Mann
Besatzung ein schlechtes Umfeld durch dauerndes
„Aufeinandersitzen“ entstand. Weiterhin war es aufgrund der
beengten Verhältnisse nicht möglich, Marineinfanterie auf dem
Schiff zu stationieren, die möglicherweise die Disziplin als
bewaffnete Schiffspolizei hätte sichern können.
Die Bethia hatte eine Rumpflänge von 27,7 m, eine grösste Breite
von 7,3 m und ein Fassungsvermögen von 215 Tonnen (zum
Vergleich: Cooks Endeavour hatte 368 Tonnen). Sie wurde Ende
Mai in die Werft der Admiralität in Deptford Yard bei Chatham
verlegt. Dort wurde sie zum „segelnden Treibhaus“ umgebaut,
und die Masten wurden gekürzt. Am 8. Juni wurden der
Neuerwerb und der neue Name Bounty öffentlich
bekanntgegeben.
Der Name bedeutet „Wohltat, Güte, gnädige Gabe“ und sollte die
„Gnade“ des Königs zum Ausdruck bringen, den vom Hungertod
bedrohten Sklaven seiner Untertanen in Westindien mit Hilfe der
Brotfrucht-Expedition ein billiges Nahrungsmittel zu verschaffen.
HMS oder HMAV?
Bordwaffen der Bounty waren vier Vierpfünder-Kanonen und
zehn kleine Drehbassen – genug zwar für den Zweck der Reise,
aber bis heute die Ursache für Verwirrung Über die genaue
Bezeichnung des Fahrzeuges: Ob es „HMS, His Majesty’s Ship“
oder „HMAV, His Majesty’s Armed Vessel“ hie¿, scheint oftmals
weiterhin strittig. Die letztere Bezeichnung, HMAV, geht auf die
geringe Grösse, Bewaffnung und Bemannung zurück: Was man
zur damaligen Zeit „Seiner Majestät Schiff, HMS,“ nannte, war in
sechs Klassen eingeteilt, von Rang 1, Linienschiff mit mindestens
hundert Kanonen und rund 850 Mann Besatzung, bis Rang 6
(meist Fregatten) mit 20 bis 28 Sechspfünder-Kanonen und gut
150 Mann Besatzung. Niedriger als Schiffe rangierten die Sloops
mit 10 bis 18 Kanonen und einer Besatzung von 60 bis 120 Mann,
weiterhin noch kleinere bewaffnete Schoner, Briggs und
Kriegskutter.
Für die ursprüngliche Bezeichnung HMAV spricht eindeutig:
Der originale Seitenriss der Bounty ist mit „Bounty armed
Transport …“ beschriftet.
Lieutenant Bligh wurde erst nach seiner Rückkehr zum
Captain – wegen der Mehrdeutigkeit des Wortes häufig auch als
Post Captain bezeichnet – befördert. Letzterer Dienstgrad
entspricht in etwa dem späteren Kapitän zur See. Einem Post
Captain hätte die Admiralität damals normalerweise mindestens
ein Schiff 6. Rangs zur VerfÜgung gestellt.
Bligh selbst beklagte in Briefen, die er in Batavia nach seiner
Rettung an Banks und Duncan Campbell schrieb, den Verlust von
wörtlich His Majesty’s Armed Vessel.
Die Bounty trat also ihre Reise wohl als HMAV, Seiner Majestät
bewaffnetes Fahrzeug, an. Erst als der spektakuläre Prozess die
Nation beschäftigte, war Seiner Majestät ein Schiff entwendet
worden, und danach gab es eine Art offizieller Sprachregelung:
HMS Bounty. Die Nachfahren der Meuterer bleiben bis heute bei
der Bezeichnung Armed Vessel; ebenso der britische Kronrat
Privy Council in seinem Spruch vom 30. Oktober 2006.
Die nautische AusrÜstung des Schiffes war Übrigens durchaus
gut: Borduhr war die von Larcum Kendall gebaute K2. Dass dem
Kommandanten auch der Bericht Über die 1767 entdeckte Insel
Pitcairn vorlag, die bereits Cook besuchen wollte, gilt als sicher.
Die Besatzung
Siehe auch: Liste der Besatzungsmitglieder der Bounty
Zur Besatzung der Bounty gehörten insgesamt 46 Personen. Das
Kommando hatte der 33-jährige Leutnant William Bligh, der
bereits als Steuermann (Sailing Master) auf James Cooks dritter
Reise gedient hatte. Dabei hatt er auch Tahiti kennengelernt und
kannte daher die Verhältnisse vor Ort. Ohne die Zustimmung der
einheimischen Machthaber wäre das Abnehmen und Bewurzeln
einer grossen Anzahl von Stecklingen kaum möglich gewesen.
Bestellt wurde Bligh auch auf Betreiben seines Mentors Joseph
Banks und des Onkels seiner Gattin, Duncan Campbell. Dem
Gro¿grundbesitzer auf Jamaika und Reeder hatte auch die Bethia
gehört. Campbell hatte dem König die Expedition nahelegen
lassen, und Banks hatte die Petition, die seinem eigenen Vorschlag
entsprach, nach Kräften unterstützt. So war Bligh beiden
verpflichtet, und jeder von ihnen brachte Protegés auf seinem
Schiff unter. So stellte Bligh beispielsweise fünf statt der nötigen
zwei Midshipmen ein.
Der Ranghöchste nach Bligh war der Steuermann (Sailing Master)
John Fryer. Fryers Bestellung durch die Admiralität hatte ihn für
die Dauer der Reise in den Rang eines Acting Lieutenant (etwa:
amtierender Leutnant) versetzt – er Übte eine Funktion aus, die
ansonsten ein Lieutenant zu bekleiden gehabt hätte. Er befehligte
auch die Erste Wache.
Zu Beginn der Reise gab es neben dem Kommandanten fÜnf
Offiziersfunktionen, die von Offiziersstellvertretern (Warrant
Officers) und deren Gehilfen (Mates; Mate = Gehilfe, Maat)
ausgefüllt wurden: dem Steuermann John Fryer mit seinen beiden
Gehilfen (Master’s Mates) Fletcher Christian und William
Elphinstone, dem Artilleriemeister (Gunner) und Zweiten
Wachhabenden William Peckover, dem Bootsmann (Boatswain)
William Cole, dem Schiffszimmermann (Carpenter) William
Purcell und dem Arzt (Surgeon) Thomas Huggan.
Offiziersähnlichen Status hatten der Waffenmeister (Armourer),
der Bordschreiber (Captain’s Clerk), der Kapitänsdiener
(Captain’s Steward), der Assistent des Arztes und die beiden für
die Expedition an Bord gekommenen Botaniker.
Im Unteroffiziersrang standen sechs Leute: zwei Rudergänger
(Quartermaster) und ein Rudergänger-Gehilfe (Quartermaster’s
Mate), ein Artilleriemeistergehilfe (Gunner’s Mate), der
Segelmacher (Sailmaker) und der Gehilfe des Zimmermanns
(Carpenter’s Mate).
Fünf Seekadetten (Midshipmen) standen ebenfalls noch mehr
(formal) oder weniger (fachlich) Über den Matrosen, unter denen
der Hannoversche Küfer Heinrich Hillbrant aufschien. Als
Leichtmatrose geführt wurde ein halbblinder irischer Geiger
namens Michael Byrn. Bligh wollte so für gute Laune und
gesunde Bewegung sorgen, was aber innerhalb der Mannschaft
nicht sonderlich gut aufgenommen wurde: Man wollte ungern
„auf Befehl“ tanzen und hätte auf dem schwach bemannten Schiff
lieber einen Vollmatrosen mehr gehabt. Byrn war nach der
Meuterei der erste im Beiboot und wurde prompt von seinen
„Kameraden“ hinausgedrängt. Neben ihm waren noch sieben
andere, die meist als Matrosen geführt wurden, wegen ihrer
Funktionen vom Wachdienst befreit, beispielsweise der KÜfer,
der Koch, der Fleischer, der Segelmacher und die beiden
Botaniker.
Somit hatte Bligh zwar 45 Mann, aber keine zwei Dutzend echte
Matrosen zur Verfügung. In Spithead, wo die Bounty Ende
September angekommen war, um letzte Vorkehrungen zu treffen
und den endgültigen Befehl zur Reise abzuwarten, hatte es bereits
vierzehn Desertionen gegeben, die dadurch fehlenden
Besatzungsmitglieder konnten aber weitgehend wieder ersetzt
werden. Den späteren Meuterer Christian kannte Bligh von
mehreren gemeinsamen Fahrten, zunächst auf HMS Cambridge
1782 und später für Campbell. Um die Bestellung fÜr die Bounty
hatte Christian den Leutnant brieflich gebeten. Auch mit einigen
anderen Mitgliedern seiner Crew war Bligh schon frÜher
unterwegs gewesen, mit dem altgedienten Artilleristen Peckover
beispielsweise unter Cook.
Die Hinfahrt
Befohlen war die kürzeste Route Über Kap Hoorn nach Tahiti.
Von dort aus sollte die Bounty mit ihrer Ladung die Torres-Stra¿e
ansteuern, eventuell auf Java weitere Pflanzen aufnehmen,[2] Über
das Kap der Guten Hoffnung die Antillen erreichen, die Pflanzen
abliefern und nach England zurückkehren. Allenfalls unbekannte
Küstenabschnitte oder Inseln sollten, soweit der Zeitplan dies
erlaubte, kartografiert werden – ein fÜr jedes Schiff der
Admiralität gültiger allgemeiner Auftrag.
Am 23. Dezember 1787 stach die Bounty endlich in See. Es war
der zweite Anlauf nach dem im Dezember eingegangenen Befehl
– der erste hatte nach wenigen Tagen wegen
Schwerwetters abgebrochen werden müssen. In Santa Cruz de
Tenerife bunkerte Bligh Wasser und Proviant. Mit der Abreise am
10. oder 11. Januar führte Bligh zum Wohl seiner Crew dort ein
fortschrittliches Drei-Wachen-System ein und bestellte Christian
zum Dritten Wachführer.
Am 7. Februar 1788 passierte das Schiff den Äquator.
Am 23. März begann die Bounty den Angriff auf Kap Hoorn.
Trotz minimaler Wahrscheinlichkeit, das Kap mit dem kleinen
Schiff um diese Jahreszeit umrunden zu können, versuchte Bligh
den Befehl trotz des schweren wütenden Sturms auszuführen. In
der Mannschaft gab es kleinere Verletzungen und Erkrankungen,
Über die Verpflegung wurde gemurrt. Man warf Bligh vor, er
habe einen Käse aus dem Proviant der Mannschaft für sich selbst
abzweigen lassen.
Dass Bligh Fryer lautstark tobend vor den Augen der Mannschaft
kritisierte, weil dieser nicht rechtzeitig die Segel gekürzt, also das
Schiff gefährdet hatte, sollte die Spannungen zwischen den beiden
Ranghöchsten an Bord in Zukunft erheblich steigern.
Erst am 22. April beschloss Bligh den Kurswechsel zum Kap der
Guten Hoffnung, den ihm die Admiralität als Notlösung
zugestanden hatte.
Die Bounty traf am 24. Mai in der False Bay bei Kapstadt ein, wo
sie generalÜberholt werden musste. Christian, der kaum Bargeld
dabei hatte (ein Zwischenaufenthalt war ja nicht vorgesehen
gewesen), musste von Bligh Geld borgen, um während der
Liegezeit standesgemäss an Land auftreten zu können, was Bligh
ihm später mehrmals öffentlich vorwerfen sollte. Das Schiff lief
Ende Juni wieder aus.
Einen vierzehntägigen Zwischenaufenthalt gab es ab 20. August in
der Adventure Bay (Insel Bruni, südöstlich von Tasmanien).
Danach, am 19. September, entdeckte Bligh die Bountyinseln,
eine Gruppe winziger Felsen auf 47° 45′ S, 179° 3′ O
(sÜdöstlich Neuseelands). Das Schiff stand jetzt nahe der
Datumsgrenze.
Am 9. Oktober starb der Vollmatrose James Valentine an
Blutvergiftung, was Bligh auf unsaubere Instrumente des
Bordarztes zurÜckfÜhrte. Am selben Tag gab es auch wieder
einen Eklat mit Fryer, der sich geweigert hatte, das Logbuch zu
unterschreiben, und es erst tat, als Bligh ihm dies vor
versammelter Mannschaft befahl.
Tahiti
Der auf der RÜckreise für die Pflanzen benötigte Platz
der Bounty und des Beiboots unter Bligh
Die Bounty erreichte Tahiti am 25. Oktober 1788 und ging in der
Matavai-Bucht vor Anker.
Das Schiff verbrachte fünf Monate dort, da sich der
Brotfruchtbaum zur Ankunftszeit in einer Ruhephase befand und
nicht sofort Stecklinge zu ziehen waren.
Die Mannschaft und auch Bligh genossen das Leben mit den
freundlichen Menschen, es gab zahlreiche Kontakte zu
Tahitianerinnen. Einige Besatzungsmitglieder, etwa Fletcher
Christian und Peter Heywood, gingen längerfristige Beziehungen
ein. Manche, wie Heywood, liessen sich tätowieren, wie es bei den
Einheimischen Brauch war.
Am 9. Dezember 1788 erlag der zwischenzeitlich seiner Funktion
enthobene Schiffsarzt seiner Trunksucht.
Ende Dezember schien die Disziplin verfallen zu sein. Am 5.
Januar 1789 versuchten drei Männer mit einem Beiboot zu
desertieren, wurden jedoch am 22. wieder eingefangen und mit
einem Dutzend oder zwei Dutzend Hieben mit der
Neunschwänzigen Katze bestraft, was angesichts der Tat damals
als äu¿erst milde galt: Sogar die Todesstrafe durch Erhängen wäre
fÜr Desertion und Diebstahl des Beibootes in Frage gekommen.
Am 4. April 1789 verliess die Bounty Tahiti mit Kurs auf die
Endeavour-Stra¿e, den südlichsten Teil der Meerenge zwischen
Australien und Neuguinea. Sie hatte 1015 Jungpflanzen an Bord;
entsprechend eng muss es an Bord gewesen sein (Bild).
Meuterei
Am 24. April legte Bligh einen Zwischenstopp in Nomuka
(Tongainseln) ein, um wie Cook 1777 und Tasman 1643 Proviant
und Wasser zu ergänzen. Einer der Einwohner, ein älterer Mann,
erinnerte sich an ihn. Es kam bald zum Streit. Einheimische
stahlen Ausrüstungsgegenstände der Bounty, wofür Bligh seinen
dritten Wachführer Christian verantwortlich machte. Dann
versuchte er, einige Stammesführer als Geiseln festzuhalten, um
das Diebesgut wiederzubekommen, lie¿ sich aber zuletzt
Überzeugen, dass dies nichts nützen würde, und gab die Geiseln
wieder frei.
Südwestlich von Tofua, heute ebenfalls zu Tonga gehörig, kam es
am 28. April zur Meuterei:
Am Vorabend war Christian von Bligh beschuldigt worden, sich
am Schiffsvorrat an KokosnÜssen vergriffen zu haben. Christian,
der sich erneut ungerecht behandelt fÜhlte, betrank sich
anschlie¿end und sprach gegenüber einigen Matrosen davon, mit
einem Flo¿ nach Tahiti zurückkehren zu wollen. Diese scheinen
ihm dann zugeredet zu haben, stattdessen Bligh auszusetzen.
Christians vierstÜndige Wache begann um 4:00 Uhr, nachdem er
keine halbe Stunde geschlafen haben konnte (er war in seiner
Freiwache bis 3:30 Uhr an Deck geblieben). Ab 4:30 Uhr kam es
zu Debatten an Deck, gegen 5:20 Uhr wurde Bligh festgenommen
und an den Handgelenken gefesselt. Christian, Mills, Churchill,
Burkett und Adams bedrohten ihn mit Waffen. Hitzige Debatten
entstanden, Bligh tobte, Fryer brüllte auf Christian ein, und das
kleine Beiboot wurde zum Wassern vorbereitet. Um 7:00 Uhr war
das geschehen, aber das Boot war in einem so schlechten Zustand,
dass man Bligh die Barkasse zugestand.
Nach einer halben Stunde war diese gewassert, und zu Christians
Verwunderung wollten jetzt 18 Mann einsteigen. Gegen acht Uhr
war die Barkasse voll besetzt, Bligh aber noch an Bord der
Bounty. Im Beiboot waren zwei kleine Fässer Wasser (maximal
125 Liter), etwas Wein, Rum, Brot und Zwieback (insgesamt rund
75 kg) sowie einige Kokosnüsse. Ein wenig Kleidung wurde ins
Boot geworfen, der Zimmermann durfte sein Werkzeug
mitnehmen, und der Bordschreiber konnte die allerwichtigsten
Unterlagen Blighs zusammensuchen. Kurz nach acht Uhr wurde
dieser als letzter ins Boot genötigt, und erneute Debatten
begannen, als er Christian ein letztes Mal umzustimmen
versuchte. Gleichzeitig erbaten und erhielten die Männer in der
Barkasse noch etwa 10 kg Dörrfleisch. Kurz vor 10:00 Uhr, als
das seit zwei Stunden nachgeschleppte Boot losgemacht wurde,
warf man ihnen noch vier Entermesser zu, aber keine
Feuerwaffen.
Der harte Kern der Meuterer bestand aus neun Personen: Edward
„Ned“ Young (die treibende Kraft – er hatte Christian angestiftet)
und Christian, des Weiteren Adams, Brown, Martin, McCoy,
Mills, Quintal und Williams. Dazu kamen neun aktive Mitläufer.
Rund 22 waren relativ loyal, einige unentschlossen. Manche
waren freiwillig auf der Bounty geblieben, andere waren dazu
gezwungen gewesen, da es an Bord des Beiboots keinen Platz
mehr gab. Martin war nach einem Streit mit Peckover aus dem
Beiboot aufs Schiff zurück genötigt worden. Später entschieden
sich sechzehn Männer, lieber in Tahiti zu bleiben und auf die
unvermeidliche Suchexpedition zu warten, statt Christian zu
begleiten.
Die Fahrt der Barkasse nach Kupang
Das Beiboot der HMS Bounty
Zusammen mit Bligh waren Fryer, Peckover und sechzehn andere
im sieben Meter langen und rund zwei Meter breiten Beiboot, das
um fast 20 Zentimeter tiefer eintauchte als bis zur vorgesehenen
zulässigen Höchstmarke.
Ausgerüstet lediglich mit Kompass, Log, einem Oktanten und
seiner Taschenuhr, navigierte Bligh das Beiboot der Bounty in 41
Segeltagen Über 5.800 Kilometer zur niederländischen Faktorei
Kupang auf Timor, dem einzig infrage kommenden europäischen
StÜtzpunkt. Bligh konnte nicht wissen, dass 1788 in Port Jackson,
dem Hafen des heutigen Sydney, ein viel näherer StÜtzpunkt
gegründet worden war. Das einzige Todesopfer unterwegs war
John Norton, der noch auf Tofua, der unmittelbar nach der Meuterei zur Versorgung
angelaufenen Insel, von Einheimischen erschlagen worden war.
Wie aus Blighs Bericht (vergleiche zum Beispiel Forster 1791)
heute klar genug hervorgeht, entstand der Kampf, weil Bligh und
seine Leute nichts Brauchbares gegen die benötigten
Nahrungsmittel einzutauschen hatten, aber auch keine
Feuerwaffen besa¿en, um sich die Lebensmittel mit Gewalt zu
beschaffen. Die Tofuaner hatten ihre Ware angeboten und fÜhlten
sich bestohlen, als die Gruppe ohne Gegenleistung aufbrach.
Daher griffen sie an und paddelten auch den flÜchtenden Briten
nach, bis Bligh einige KleidungsstÜcke ins Wasser werfen lie¿.
Bligh rationierte sofort drastisch die verbliebenen Lebensmittel
auf 60 Gramm Zwieback und 125 Milliliter Wasser pro Person
und Tag, abgemessen in einer improvisierten Waage aus
Kokosschalen, mit einer Musketenkugel als Gewicht.
Am 24. Mai stellte sich beim überprüfen des Proviants heraus,
dass die Rationen nochmals gekÜrzt werden mussten.
Bis Kupang entdeckte und verzeichnete Bligh etwa 40 kleine
Inseln. Zu landen getraute er sich nach den Erfahrungen auf Tofua
kaum noch. Erst am 29. Mai 1789 wagte er sich auf eine Insel, die
er Restoration Island „taufte“ (nach restore, sich erholen). Dort
war ein wenig Wild und Trinkwasser zu finden. An den
nachfolgenden Tagen durchfuhr er die Torres Strait und benannte
mehrere der Torres Strait Islands nach den Wochentagen der
ersten Juniwoche (Dienstag, 2. Juni bis Freitag, 6. Juni 1789).
Am 14. Juni 1789, 48 Tage nach der Meuterei, erreichte die
Barkasse Kupang. Die erfolgreiche Fahrt des Überladenen Bootes
galt, auch in Kreisen seiner Kritiker, als eine seemännische
Meisterleistung Blighs. Zeitweise war der Seegang so stark
gewesen, dass die Segel im Wellental keinen Wind mehr fassten,
zeitweise hatte es Flauten gegeben, in denen die unterernährte
Mannschaft rudern musste.
Die Männer warteten in Kupang auf die erste Möglichkeit zur
Heimreise, litten aber weiterhin an den kaum Überstandenen
Strapazen und unter dem Tropenklima. Zwei verstarben in
Kupang.
Bligh nahm die erste Möglichkeit zur Rückreise wahr. Er verliss
Kupang am 20. August 1789, musste in Batavia noch einmal auf
die Weiterreise warten und erreichte zusammen mit seinem Diener
John Samuel und dem Koch John Smith am 14. März 1790
Portsmouth. Mit späteren Schiffen trafen zehn weitere Personen
ein, darunter Fryer und Peckover; drei von ihnen, darunter Fryer,
waren zeitweilig auf Blighs Anordnung in Ketten gelegt gewesen.
Zwei von Blighs Leuten waren in Batavia am Fieber gestorben,
und der Wundarzt Thomas Ledward trat seine letzte Reise an Bord
einer holländischen Fregatte an, die im Sturm unterging. Zwölf
der achtzehn mit Bligh Ausgesetzten Überlebten.
Im Oktober 1790 wurde Bligh in dem Kriegsgerichtsprozess, der
bei Verlust eines Schiffes stets stattzufinden hatte, freigesprochen.
Die Irrfahrt der Bounty und ihr Ende
Zwischen Tubuai und Tahiti
Die Meuterer fuhren zunächst nach Tubuai, wo sie eine Woche
lang ankerten, beratschlagten und entschieden, sich anzusiedeln.
Sie segelten daher zuerst nach Tahiti zurück, trafen ihre Frauen
wieder und rüsteten sich aus, um auf Tubuai eine Kolonie zu
grÜnden. Den lokalen Machthabern logen sie vor, die
Brotfruchtmission erfüllt und danach Captain Cook getroffen zu
haben, der sie beauftragt habe, eine Kolonie zu gründen, und
seine Freunde in Tahiti bitten lasse, die Bounty entsprechend zu
versorgen.
In Tubuai liess man das Schiff auf dem Strand trockenfallen und es
wurde begonnen, ein Fort anzulegen, doch das Vorhaben musste
nach drei Monaten als gescheitert aufgegeben werden, da sowohl
Streitigkeiten untereinander als auch Kämpfe mit den
Einheimischen auftraten. Die abziehende Gruppe, der sich zwei
Tubuaianer angeschlossen hatten, hinterliess 66 Getötete, darunter
sechs Frauen. Unter den Europäern hatte es nur zwei Verletzte
gegeben.
Am 22. September 1789 – Bligh war bereits aus Kupang Richtung
England abgereist – traf Christian wiederum in Tahiti ein. Da die
Meuterer erwarten mussten, dort aufgespürt zu werden, war
Christian entschlossen, so schnell wie möglich wieder
aufzubrechen. Sechzehn seiner Kameraden entschieden sich
jedoch zu bleiben. Christian stach mit den acht Übrigen und einer
kleinen Schar von Polynesiern und Polynesierinnen heimlich
wieder in See; sogar von Entführung ist die Rede: Er lie¿ in der
ersten Nacht nach der Ankunft den Anker kappen. Einer der
sechzehn auf Tahiti Verbliebenen sprang erst während des
Segelsetzens Über Bord, um nicht mitfahren zu mÜssen.
Die kleine Schar um Christian durchsegelte auf der Suche nach
einer Bleibe die Cookinseln, die Tonga- und die Fidschi-Inseln,
bevor sie sich nach Osten wandten. Einige der Frauen hatten
inzwischen die Gruppe verlassen, so dass neben den neun Briten
nur noch vier Männer aus Tahiti, zwei Männer aus Tubuai und
zwölf Frauen aus Tahiti an Bord waren.
Am 15. Januar 1790 wurde die Insel Pitcairn gesichtet, die zuvor
noch kein Europäer betreten hatte. Pitcairn lag, für die Meuterer
um Christian erstrebenswert, mitten im Pazifik, fernab jeder
Handelsroute. Ihre Position war damals mit einem Fehler von rund
180 Seemeilen (ca. 330 km) in den Seekarten der Admiralität
eingezeichnet, was mindestens einer Tagesreise entspricht. Die
Insel bot, falls sie bewohnbar war, daher das ideale Versteck.
Das Ende der Bounty: Vor Pitcairn gestrandet
Man beschloss, die Bounty auf Grund zu setzen, um das Anlanden
der mitgebrachten Habseligkeiten, Yamswurzeln und
Süsskartoffeln sowie einiger Schweine, Ziegen und Hühner zu
erleichtern.
Einer der Meuterer steckte das Wrack am 23. Januar eigenmächtig
in Brand, um jede von See aus sichtbare Spur zu vernichten.
Gleichzeitig war damit ausgeschlossen, dass einer von ihnen in ein
Gebiet zurÜckkehren konnte, in dem er von der Admiralität
aufgegriffen würde: Dass jedem von ihnen in einem solchen Fall
der Tod durch Erhängen beschieden gewesen wäre, war klar.
Reste der Bounty liegen noch heute in wenigen Metern Tiefe und
in unmittelbarer Nähe der „Bounty Bay“, des Landungsplatzes.
Die Geschichte der Meuterer endete mit ihrer Besiedelung von
Pitcairn und mit dem dortigen Tod von John Adams (1829).
Fletcher Christian war schon 1793 vermutlich gewaltsam auf
Pitcairn gestorben. 61 Personen, gro¿teils direkte Nachkommen
der Meuterer, leben heute noch dort. Alljährlich am 23. Januar,
dem Bounty Day, schleppen sie ein Schiffsmodell aufs Wasser
hinaus und zünden es an.
Verhaftung und Bestrafung der
Meuterer
Die Expedition der HMS Pandora
Nach dem Bekanntwerden der Meuterei entschied die Admiralität,
die Meuterer verhaften und vor ein Kriegsgericht stellen zu lassen.
Mit der Suche wurde Kapitän Edward Edwards betraut, der
Anfang November mit der Fregatte HMS Pandora und 160 Mann
Besatzung aufbrach. Am 23. März 1791, 18 Monate nach der
Ankunft der Meuterer, landete er auf Tahiti. Edwards lie¿ alle
vierzehn noch lebenden Europäer in Ketten legen und in einen 3,4
mal 5,5 Meter messenden Aufbau auf dem Achterdeck sperren,
der als Pandoras Box („Büchse der Pandora“) bekannt wurde.
Zu dem Zeitpunkt waren zwei Europäer schon tot: 1789 oder 1790
hatte Matthew Thompson Charles Churchill erschossen und war
der Blutrache durch dessen tahitianische Familie erlegen.
Auf der RÜckreise lief die Pandora am 29. August 1791 vor der
Küste Australiens auf ein Korallenriff und sank. Neben 31
Männern der Mannschaft ertranken die angeketteten Gefangenen
Stewart, Hillbrant, Skinner und Sumner. Die 99 überlebenden
legten in Beibooten etwa 1.100 Meilen zurück – wiederum nach
Kupang.
Kriegsgericht
Im September 1792 wurden alle Engländer, die Edwards
zurückgebracht hatte, angeklagt. Vier wurden freigesprochen:
„The Court further agreed That the Charges had not been proved
against the said Charles Norman, Joseph Coleman, Thomas
McIntosh and Michael Byrn, and did adjudge them and each of
them to be acquitted.“
– URTEIL, TRANSKRIPTION
Die Übrigen sechs wurden zum Tod durch Erhängen verurteilt;
Peter Heywood, William Muspratt und James Morrison wurden
jedoch am 22. Oktober vom König begnadigt. Burkitt, Ellison und
Millward wurden am 29. Oktober 1792 an einer Rah des
Kriegsschiffes HMS Brunswick im Hafen von Portsmouth
gehängt und dem Urteil gemäss, zwei Stunden lang hängen
gelassen“.
Nach dem Prozess
Von den Meuterern lebten Ende Oktober 1793 nur noch vier,
nämlich Young, Adams, McCoy und Quintal, ab Ende 1800 nur
noch John Adams, der als Drittletzter der gesamten Mannschaft
am 5. März 1829 starb.
William Bligh erhielt den Auftrag zu einer zweiten
Brotfruchtreise, diesmal auf einem geeigneten Schiff und
eskortiert von HMS Assistance. Er brachte die Pflanzen am 24.
Januar 1793 nach St. Vincent und am 5. Februar nach Jamaika.
1801 nahm er direkt neben Nelson an der Seeschlacht von
Kopenhagen teil, wurde wegen seiner Tapferkeit besonders gelobt
und 1805 zum Gouverneur von New South Wales bestellt. Er
stand einmal wegen seines Umgangstons mit einem untergebenen
Offizier vor Gericht und erlebte zwei weitere Meutereien,
wurde jeweils rehabilitiert und zuletzt zum
Vizeadmiral befördert. Ab 1810 erhielt er jedoch kein Kommando
mehr. Er starb im Dezember 1817.
John Fryer blieb im Flottendienst und wurde Kapitän, obwohl
Bligh ihm eine Referenz verweigerte. Er starb in England, ein
halbes Jahr vor Bligh.
Thomas Hayward und John Hallte reisten mit der Strafexpedition
der HMS Pandora und befuhren nach dem Schiffbruch die
Torresstrasse ein weiteres Mal im offenen Boot. Beide kamen
später auf See um.
Peter Heywood durfte nach der Begnadigung in der Marine
bleiben und brachte es ebenfalls bis zum Kapitän. Aus seinen
Aufzeichnungen aus Tahiti entstand das erste Wörterbuch der
tahitianischen Sprache. Er starb 1831.
Der Zimmermann William Purcell starb als letzter überlebender
der Bounty am 10. März 1834 im Haslar Hospital, Portsmouth.
Sein Sterbezimmer soll Ausblick auf Spithead gehabt haben, wo
die Bounty 47 Jahre zuvor Segel gesetzt hatte.
Das Wrack der Bounty heute
Schiffsbibel der Bounty
Lage des Bounty-Wracks vor der Insel Pitcairn
Die Einwohner von Pitcairn haben einige Relikte der Bounty-
Meuterer aufbewahrt, die sich noch auf Pitcairn befinden, so zum
Beispiel die Schiffs-Bibel im Museum von Adamstown. 1933
fanden die Bewohner von Pitcairn das hölzerne Ruder der Bounty,
es befindet sich heute im Museum von Suva, der Hauptstadt von
Fidschi (Pitcairn wurde bis 1970 vom Britischen Gouverneur in
Fidschi verwaltet). Der Zapfen und ein Scharnier des Ruders der
Bounty befinden sich im Otago-Museum in Dunedin, Neuseeland.
Sie sind ein Geschenk des Pitcairners Parkin Christian.
1957 Führte der Unterwasserfotograf Luis Marden im Auftrag der
National Geographic Society eine Tauchexpedition nach Pitcairn
durch. Ihm gelang es, zusammen mit Tom Christian, einem
Nachfahren von Fletcher Christian, die ¼berreste des
ausgebrannten Wracks aufzusuchen. Der Kiel des Schiffes war
noch auszumachen, au¿erdem fanden sie Beschlagteile, eine
Kanone, Kanonenkugeln und den Anker.[5] Die Kanone und der
Anker sind inzwischen gehoben und vor dem Gemeindehaus am
Zentralplatz von Adamstown ausgestellt.
Im Oktober 1998 suchte eine Gruppe von Unterwasserarchäologen
der australischen James Cook University das Wrack erneut auf.
Die Taucher fanden mehrere Beschlagteile und eine weitere
Kanone, die ebenfalls gehoben wurde.[6]
Das Wrack liegt heute noch in der Bounty-Bay vor Pitcairn nahe
der Landestelle („The Landing“) in drei bis fünf Metern
Wassertiefe. Die Stelle liegt im Brandungsbereich, so dass ein
Tauchgang – der nur mit Genehmigung des Inselrates
durchgefÜhrt werden darf – nicht ungefährlich ist. Hölzerne
überreste des Schiffes sind nicht mehr erkennbar, allerdings sind
die grossen Kieselsteine aus dem Ballast, die sich in Form, Struktur
und Färbung deutlich von der Umgebung unterscheiden, gut
sichtbar Über ein Areal von etwa 8 × 15 Metern verteilt (Stand
März 2000).
Original Bounty Artfacts kann man im HMAV BOUNTY MUSEUM Weinfelden besichtigen.
Link: HMS Bounty Artefact
Grab der Bounty
Gräber der Besatzung
HMAV BOUNTY
Glocke der Bounty